Geplatzte Kragen
Die Geschichte vom Aufstand der Osnabrücker Handwerksgesellen im Juli 1801
Geest-Verlag 2007
ISBN 978-3-86685-086-6
10 Euro
Osnabrück im Jahre 1801. Der Streit um das Zuknöpfen von Kragen in einer feierlichen Versammlung von wandernden Handwerksgesellen eskaliert. In rasender Geschwindigkeit entfachen sich massive Auseinandersetzungen, in die große Teile der Stadtbevölkerung einbezogen werden. Das im Übrigen historisch belegte Geschehen findet seinen gewaltsamen Höhepunkt in einem blutigen Kampf auf dem Gelände einer Gastlichkeit in der Gartlage. Schon früh wird dem Leser klar: Hier geht es um mehr als nur um Kleidungsrituale. Gestritten wird um den Erhalt mühsam erkämpfter Rechte und gegen die Vormachtstellung der Obrigkeit. Nicht wenigen geht es darum, die Ideale der Französischen Revolution zu verwirklichen. Der Roman versetzt den Leser in eine Zeit sich widersprechender Interessen, aktuelle Parallelen sind dabei nicht zu übersehen. Die Akteure des Romans entstammen den verschiedenen gesellschaftlichen Schichten jener Zeit, sind Privilegierte und ‚niederes Volk‘, sind landesherrliche Verwaltungsmitglieder und städtischer Magistrat, hiesige Handwerksmeister und Wandergesellen. Der Autor zeichnet die handelnden Figuren vielschichtig und differenziert. Liebe, Macht und Intrigen sind ebenso Handlungsmotiv wie die Sehnsucht nach Freiheit. Ein Roman, der von der ersten bis letzten Seite fesselt und zugleich historische Inhalte vermittelt. Leseausschnitt Der Waldecker überschlug sich zwar mit seinen Sätzen. Er bemühte sich aber darum, dabei durchdacht und respektvoll zu erscheinen. Fürbrocks Interesse war jedenfalls geweckt. „Was ist passiert? Berichte uns!“ „Schlimmes, Herr Gildemeister Fürbrock. Entgegen einem uralten Brauch weigern sich oben fast alle, mit zugeknöpftem Rock vor die Lade zu treten. Eben dies habe ich kritisiert und dabei brutale Prügel bezogen. Alles nur, weil ich für Handwerksbräuche einstehe.“ Diese Schilderung reichte den beiden Meistern vollends aus, um ihre Gläser gänzlich leer zu trinken und anschließend schnell die Knöpfe des eigenen Wamses zu schließen. Da Heune seinen kurzen Hals und mehr Bauchfläche zuzuknöpfen hatte als sein Gegenüber, dauerte es bei ihm ein wenig länger. Mit ernsten Mienen erhoben sich beide schließlich. „Folgt mir! Wir werden schon Ordnung schaffen!“ Fürbrocks bestimmende Worte erschallten zusammen mit dem Knarren der Treppenstufen, die alle drei jetzt eilig bestiegen. Sie betraten den Saal, in dem sich mittlerweile wieder alle Gesellen eingefunden hatten. Fürbrock nutzte die verdutzte Reaktion der Anwesenden, um sogleich das Wort zu ergreifen: „Uns Gildemeistern wurde soeben berichtet, was hier vorgefallen ist. Was fällt euch ein, hier in solcher Weise die Regeln zu brechen? Verrichtet sofort eure Pflicht!“ „Was meint Ihr damit, Meister Fürbrock?“, fragte der Hildesheimer, der sich gemeinsam mit dem Magdeburger in etwas schelmiger Weise vor alle anderen stellte. „Knöpft sofort eure Kragen zu und entschuldigt euch beim Waldecker! Sofort! Keine Zeit ist für widerborstiges Gerede.“