Erinnern im Vorübergehen
Lägen sie alle beisammen, dann käme schon ein kleines rotes Stadtviertel dabei heraus: So einige Platz- und Straßennamen tragen den Namen früherer Sozialdemokraten. Erinnern im Vorübergehen.
Unsere kurze Stadtwanderung erfolgt hier nicht nach Himmelsrichtung, sondern nach sachlichen Gesichtspunkten. Für die Ewigkeit festgehalten werden naturgemäß SPD-Persönlichkeiten, die international oder mindestens national wirkten. Sie spiegeln sich bei Namen, die an frühere Parteivorsitzende erinnern – bei der Lassallestraße (Parteigründer 1863), dem Willy-Brandt-Platz (Bundeskanzler bis 1974 und Friedensnobelpreisträger) oder dem Kurt-Schumacher-Damm (1. Nachkriegsvorsitzender).
Der August-Bebel-Platz – benannt nach dem jahrzehntelangen Vorsitzenden bis 1913 – hat im übrigen eine besondere Geschichte, denn der Ort wurde dereinst 1933 von den Nazis in Niedersachsenplatz umbenannt, was erst 1992 per Ratsbeschluss wieder „umgedreht“ wurde.
Bekannte deutsche Gewerkschafter und Sozialdemokraten werden durch die Carl-Legien-Straße, die Hans-Böckler-Straße oder den Otto-Brenner-Platz bewusst gemacht. An andere national renommierte SPDler wird in der Scheidemannstraße (Kanzler und „Ausrufer“ der ersten deutschen Republik 1918), am Adolf-Reichwein-Platz (Pädagoge, Widerstandskämpfer und Namensgeber der ehemaligen Pädagogischen Hochschule), in der Julius-Leber-Straße (wie Reichwein ebenfalls 1944 von den Nazis hingerichteter Widerstandskämpfer) und in der Ernst-Reuter-Straße (Berliner Bürgermeister) erinnert.
Last not least: Zahlreiche Straßen und Plätze sind natürlich auch Osnabrücker Sozialdemokraten gewidmet. SPD-Widerstandskämpfer, die in der Nazizeit ins KZ deportiert und ermordert wurden, finden sich in den Bezeichnungen Fritz-Szalinski-Hof, Heinrich-Groos-Straße und Wilhelm-Mentrup-Weg. An populäre frühere Oberbürgermeister erinnern die Wilhelm-Kelch- und die Ernst-Weber-Straße. An den rund 40 Jahre als SPD-Ratsfraktionsvorsitzenden amtierenden und Landtagsabgeordneten Walter Haas denkt man in einer nach ihm benannte Straße. In Sutthausen wurde der dort aktive Sozialdemokrat Adolf Staperfeld per Straßenschild verewigt.
Beachtlich klingen diese 19 Namen in der Aufzählung. Doch in der Relation sieht es viel bescheidener aus: Das Osnabrücker Straßenverzeichnis verfügt über sage und schreibe 1.416 Eintragungen, darunter etliche Benennungen nach Schlachtennamen, Kaisern und Königen, vermeintlichen Kriegshelden, Volksunterdrückern und erklärten Nicht- oder sogar Antidemokraten. Ein gutes Prozent der Straßennamen für Sozialdemokraten, die zeitlos für Frieden, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit einstanden, sind da wohl eher ein Anfang. In der „Warteliste“ für künftige Benennungen stehen deshalb unter anderem bedeutende SPD-Genossinnen wie die Pädagogik-Professorin und Reichstagsabgeordnete Anna Siemsen sowie die erste SPD-Landtagsabgeordnete Alwine Wellmann. Die „Verfassungsväter“ Otto Vesper und Hans Wunderlich werden gemäss eines Kulturausschuss-Beschlusses vom April 2000 Namensgeber für zwei Strassen in einem neuen Wohnbereich in Hellern.
Das nächste Geschichtsbuch der Osnabrücker SPD darf hoffentlich über eine durch weitere sozialistische Persönlichkeiten bereicherte Straßenliste berichten..